Batteriepest und geheime Hosentaschen

Ola, mich gibt’s noch, euer Svenni.

Beja war ja Staub und Hitze, aber das geht noch besser. Nur 20 Kilometer durfte ich weiter, dann standen wir in Serpa. In Serpa gab es noch mehr Staub, und ab Mittag brauchst du ein Hitzeschild wie so ’ne Raumfähre. Oder aber Siesta.

Das Schöne in Serpa war, dass die drei Kultur machen konnten. Und das, ganz aussergewöhnlich, ohne auf einen Berg hochzulaufen. Also nur ein paar Meter hoch, denn unser Campingplatz war wieder fast direkt in der Stadt. Sehr praktisch. Allerdings sollten die mal früher aufstehen. Mann kann ja nicht ganz übergangslos vom Aufstehen in die Siesta überwechseln. Und wer früh aufsteht, kann sogar ins Museum. Denn bis die drei dort waren, wollten die Leute dort ihre Siesta machen. So blieben sie halt draussen.

Der Eingang zum archäologischen Museum in Serpa zur Mittagszeit. Gerade geschlossen.
Serpa, auf dem Hügel eine abweisende Kirche.
Fake-Schornsteine in Serpa.
Alter Gemäuer, verfallend. Serpa.
Svenni will in Portugal bleiben. Denn hier hält sogar dünnes japanisches Blech ewig.

Nach drei Tagen Hitze war dann auch mal genug. Mit frischen Kräften wollen wir los, halten nachmals an der Rezeption und dann – nichts. Die Hitze war zu viel gewesen, meine Kräfte in der Starterbatterie haben mich verlassen. Was nun? Die Aufbaubatterie auszubauen dauert mindestens eine Stunde, das wiedereinbauen noch länger. Anschieben könnt ihr bei mir vergessen. Keine Werkstatt weit und breit, wo man die Batterie hintragen könnte. Also mal mit meinen Freunden vom ADAC in München telefoniert und die haben tatsächlich innerhalb von anderthalb Stunden  jemanden mit so einem Starthilfegerät eingeflogen. Puh, jetzt hieß es erstmal weiterfahren, in der Mittagshitze natürlich bloß den Motor nicht ausstellen.

Nach 50 Kilometern konnten wir dann nicht mehr. In Mertola waren wir da, nochmal so weit an den Strand im Algarve wollten wir eigentlich. Also durfte ich mich auf einem Parkplatz mit super Flussblick auf den Guadiana erholen und die drei haben im Hotel wohl auch ganz gut geschlafen. Und am nächsten morgen ist meine Batterie auch erholt gewesen, ich schnurre wie ein Kätzchen und Kultur gab es auch noch. Die haben dort sogar einen richtigen Berg mit der Altstadt und der Burg und der Typ mausre den Kleinen natürlich auf den Turm Hochschleppen. War ja klar.

Das schönste an Flüssen sind die Brücken für Svenni. Guadiana in Mertola.
Biste auf dem Turm, kannste runtergucken. Hier auf Kirchenzinnen in Mertola.
Wieder mal zu schmal für Svenni. Weg zur Burg in Mertola.
Mertola liegt auf dem Hügel, die Burg auf dem Berg.

Mittags sind wir dann durch den schönen Naturpark am Guadiana nach Monte Gordo gefahren, die haben in Vila Real de Santo Antonio (wer lässt sich eigentlich solchen Ortsnamen einfallen? Geht doch auch einfacher, LT 28 finde ich z.B. kurz und knackig) noch gewaschen und lecker gegessen und nun stehe ich unter Pinien und lass mir mal wieder die Seeluft durch den Kühler blasen. Das tut gut, und Möwen gibt es hier auch keine. Das ist Erholung.

Dass wir hier sein können und nicht auf dem Supermarktparkplatz in Vila Real de Santo Antonio warten mussten, bis die aus München wieder einen Helfer eingeflogen hatten, lag übrigens nur daran, dass der Typ Hosen mit unbekannten Taschen hat. Das muss zumindest der Grund gewesen sein, dass er meinen Schlüssel dann irgendwo doch noch gefunden hat. Das war große Aufregung und ein großes Schauspiel. Sogar den Supermarktparkplatzmülleimer mit der dreckigen Windel hat er nach dem Schlüssel durchsucht. Einfach weg war der. Also nicht wirklich, es gibt ja diese unbekannte Hosentasche.

Türme, etwas neuer, gibt es auch in Monte Gordo.
Und Touristen-Schnick-Schnack ohne Ende.

Deutsche Hohlköppe und Babysprache im Sprachgewirr

Ola, euer Svenni mal wieder.

Ich war ein paar Tage ruhig, was aber daran lag, dass ich ein Päuschen auf einem Hotelparkplatz machen durfte. Mit abgeschlossenen Tor, so fast für mich alleine. Richtig erholsam war das. Der Typ widerspricht mir ja gerne und meint, dass er seit Tagen keine anständige Internetverbindung hatte. Faule Ausreden sind das, Svenni braucht dieses Interdings nicht. Das war ja gar nicht erfunden, als ich geboren wurde.

Apropos geboren: Schuckelpuppel hat die beiden Mädels von V. in Aveiro besucht. Dort durfte er auf dem Spielteppich rumlungern, mit den Mädels auf leeren Milchpulverdosen rumtrommeln und hat seine erste Mahlzeit, einen lecker Birnenbrei, im Kinderstuhl sitzend eingenommen. Das war wohl so gut, dass der Typ nun unbedingt zu Ikea fahren will um einen Kinderstuhl zu kaufen. Was soll’s, ich hab ja Platz, notfalls auf dem Dach.

Der Kinderbesuch war auch der Grund, weshalb ich mich auf dem Hotelparkplatz ausruhen durfte. Die beiden wollten abends einen draufmachen, also Pizza bestellen, wenn die Kinners endlich schlafen. Und weil der Campingplatz in Aveiro zu weit draussen liegt und ausserdem der dreckigste und auch so seltsamste auf der Reise war, sind die drei einfach mal ins Hotel. Das war wohl so bequem, dass Sie gar nicht mehr wegwollte. Und für den Schnuckel haben die Zimmermädchen extra ein breites Bett ohne Lücke in der Mitte gebaut. Da könnte er ja reinrutschen und nicht mehr rauskommen. Was ein Luxus, dabei schläft man in mir doch wie auf einer Wolke.

Das ist das Stichwort nur nebenbei: es regnet mal wieder. Zwar nur hin und wieder, aber das schlechte Wetter verfolgt uns, seit wir losgefahren sind. Und das, nach diesem Sommer-Mai zu Hause.

Aber zurück zu den Kleinen. Die konnten sich prima Verständigen. Weil sie einfach nur Babysprache sprechen und es ihnen völlig egal ist, dass diese Erwachsenen dort Portugiesisch, Italienisch und Englisch wild durcheinander babbeln. Ist doch egal, welche Sprache, die haben sich verstanden.

Und die beiden Eltern, V. aus Italien, G. aus Neuseeland, die waren auch schuld daran, dass ich vom Baskenland so schnell nach Aveiro heizen musste. Da haben die doch tatsächlich mal kurzfristig so einen Termin beim Standesamt gemacht, nur um mal kurz ja zu sagen. Was ein Aufwand, für so ne Hochzeit. Also an meine kann ich mich noch gut erinnern. Das war auch ganz unprätentiös: Da haben ein paar Arbeiter im VW-Werk meinen geliebten 75-PS-Saugdiesel in meine Karosse reingeschraubt, und schon war ich verheiratet. So nennt man das bei uns Fahrzeugen. Eine Verbindung für’s Leben. Wobei ich schon gehört habe, dass Kollegen von mir schon mehrfach verheiratet waren, weil die olle Maschine schlappgemacht hat. Ich hab mit meiner ’ne glückliche Ehe und hoffe, die beiden auch. Gefeiert haben die dann an einem See, so ganz einfach mit Picknickkorb und Kaffee vom Imbisswagen. War nett, ich konnte so lange Bäume und Vögel schauen. Ist aber schon komisch, dass gerade die Leute, die direkt am Meer wohnen, zum Feiern ne Stunde ins Land fahren, um dann wieder am Wasser zu sein.

Imbisswagen am See. Aqueda.
Svenni am See bei Agueda.

Überhaupt, eine Heirat zwischen Italien und Neuseeland in Portugal. Das ist doch wunderschön, oder? In Deutschland soll es ja Hohlköppe geben, die sowas doof finden. Ist doch Wurscht. Ich glaub ja, dass diese Auto-für-Deutschland-Leute weniger Grips im Hirn haben, als  ich. Und mit meinem Baujahr ’86 hab ich keine von diesen elektronischen Steuergeräten. Und bin trotzdem mit Sicherheit um einiges schlauer, als die. Wer so einen Unsinn denkt, hat nicht mal die IQ eines handbetriebenen Staubsaugers. Da steh ich drüber, nicht wahr?

Naja, mittlerweile sind wir weiter in Richtung Süden gefahren, aber nur ein kleines Stück. Die beiden waren wieder mal am Strand, der Typ konnte sich aber mal wieder an nichts erinnern. Eingeschlafen ist er. Und hat nun Sonnenbrand. Selbst schuld, da braucht mal halt einen dicken Lack. Der schützt auch nach 32 Jahren noch vor der heisseten Mittagshitze. Und das nicht nur am Strand.

Svenni auf dem Weg weiter nach Süden. Ausnahmsweise ohne Regen.

Kinnerschees und Zeitreise.

Ey, ich hab die Pusteln im Gesicht.
 
 
Dass es am Rhein ganz schön ist, und es auch Schnaken gibt, das weiss ich ja schon. Wohne ja jetzt am schönen Rhein im nicht ganz so schönen Mainz. Die wollen Diesel wie mich verbieten. Pfui, Banausen!
 
 
Aber ich schweife ab. Seit drei Tagen stehe, und manchmal auch fahre, ich an der Loire. In Frankreich ist das, mittendrin. Und hier gibt es Mücken, das glaubt ihr nicht. Ich hab ja ein dickes Fell, aber die beiden sind dauernd völlig zerstochen. Das scheint ziemlich unangenehm zu sein. Die hüpfen sogar mitten in der Nacht mit der Fliegenklatsche in mir rum, dass mir die Blattfedern quietschen. Und als am Lac du Der so ne Hornisse in mich reingeflogen ist, war die Luft dicke. Und das Vieh dann irgendwann in ner Plastikflasche, mit ganz dünner Luft.
 
 
Aber das beste ist: Ich bin wieder Kinnerschees! Ja, das ist toll. Haben die beiden doch tatsächlich, als ich im Winterquartier im kalten Saarland stand, so einen süssen kleinen Knuddelpups bekommen. Hach, ist das schön, wieder Lachen im Bauch zu haben. W. heisst der Kleine. Wie Wonneproppen.
 
 
Soweit ich das verstanden habe, wollen die drei nun mit mir eine Zeitreise machen. Ich hör immer nur Elternzeit, und die scheint ganz schön lange zu sein. So ganz bekomm ich das noch nicht zusammen, denn wenn die wirklich ein halbes Jahr mit mir unterwegs sein wollen, wird es ja Winter. Wie soll ich denn da nen Berg raufkommen, wenn ich im Sommer schon schufte und schnaufe? Vielleicht sollte ich mich schonmal bei den Kollegen Pistenraupen schlaumachen. Irgendwie wird es schon gehen.
 
 
Svenni wartet in irgendeinem trostlosen Gewerbegebiet in Troyes, bis die drei vom Mittagessen in einer Betriebskantine zurückkommen.
 
 
Jetzt zumindest sind wir ganz offenbar gar nicht auf dem Weg zu Loire, da sind wir ja schon, sondern auf dem Weg zum Meer. Zumindest sagt das der Typ ständig zum kleinen W, „wir fahren jetzt ans Meer“, oder „ich zeigt dir das Meer“. Ja klar, ist auch auch schön dort. Kenn ich ja aus Holland und Korsika. Aber hoffentlich ist da nicht zu viel Salz, das brennt in den Schweißnähten!
 
 
Ausserdem soll es nach Portugal und Italien gehen, hab ich gehört. Ach, ich bin ja so gespannt. Und fit wie ein alter weitgereister Hase. Mach ich locker. Hab ja auch ganz viele neue Sachen bekommen. Solarstrom, Aussenherd, Dachgepäckträger, eine riesen Kühlbox, das alles kann ich jetzt auch. Da können diese modernen Vollintegrierten nicht gegen anstinken. Plastik kann jeder, so robust wie ich, macht so schnell keiner nach.  Wer nimmt schon einfach nen halben Kleiderschrank im Seesack auf den Buckel ohne zu murren?
 
 
Aussenkleiderschrank