Es wird bergig, und Svenni muss pinkeln.

Hola, ihr wisst schon, euer Svenni,

Ich glaub, jetzt wird’s ernst. Hab mitbekommen, wie die beiden mit ihrem komischen Taschennavigationstelefondings, das ihnen den Weg zeigt, nach Campingplätzen geschaut haben. „Steile, kurvige Anfahrt“, „12% Steigung“, „Steile Anfahrt, Schlepphilfe möglich“. Hui, das klingt super für mich. Bergkraxlern im ersten Gang. Blöderweise hat der Typ diese Plätze verworfen, hat er sich nicht getraut. Jetzt stehen wir aber auch ganz schön in Zaraust im spanischen Baskenland und ich darf mal wieder auf’s Meer schauen, den Golf von Biskaya, und das ganz ohne Sturm. Da kann mir der alte Seebär Skaeg gar nix erzählen. Laue Brise hier, sonst nix.

Svenni guckt auf den Golf von Biskaya.
Abend in Zarautz.

Überhaupt scheinen die in Spanien ja viel entspannter zu sein. Nur gutgebaute junge Leute, viele wohlerzogene Hunde und der Kleine lacht mit anderen Babys von Stellplatz zu Stellplatz. Überhaupt die vielen Kinder, die so viele interessante Sachen machen. Bälle treten, auf Brettern sitzen und es geht wild vor und zurück und dann rennen die hier mit nem Tempo rum, da käme ich nicht mehr mit. Aber dem Kleinen gefällt’s, der weiß ja gar nicht, wo er zuerst gucken soll. Also, solange kein Ball in meine Windschutzscheibe knallt und mir kein Hund ans Hinterrad pinkelt, ist das hier alles easy peasy, supergut.

Was ja ein ganz krasser Kontrast zu gestern ist. Die beiden haben mal wieder zu spät angefangen nach einem Platz für die Nacht zu suchen. Und das am Freitag, wenn alle Wochenendtouris unterwegs sind. Und das vor allem in Biaritz, wo Unmengen von diesen fürchterlich laut knatternden halben Autos, als hätte man sie längs durchgeschnitten, unterwegs sind. Das muss doch weh tun. In meinen Ohren allemal. Also sind wir von Campingplatz zu Campingplatz, und alle waren voll oder die Anmeldung schon zu. Da blieb dann nur noch so ein Schicki-Micki-Nobelplatz. Der hatte zwar auch Meerblick für mich, aber der Typ meinte, anderswo kann man für den Preis ein Hotelzimmer mieten. Nun ja Lehrgeld sage ich da nur. Ich konnte dort zumindest die Bekanntschaft mit einem wunderhübschen Westfalia-T2 aus Homburg machen. Blinke, Blinke, Kollege! Biaritz, nobel, haute-volée, ach nee.

Dass wir so spät waren, lag daran, dass die beiden wieder Kultur machen mussten. Nicht in Biarizz, aber in Bayonne. Liegt direkt nebenan, und ist viel schönen. Ein Parkplatz für mich direkt in der City und die haben – was sonst – den Kleinen den Berg hochgeschoben und alte Gemäuer und bunte Fenster angeschaut. Kathedrale nennen die das.

Ein muss ich euch zu guter letzt für heute noch erzählen: Ich musste mal wieder pinkeln. Dem Typ ist das natürlich erst eingefallen, als wir schon am Schlafplatz standen. Also mussten wir nochmals raus, direkt neben meinem Auspuff saßen aber zwei Spanier im gesetzten Alter in ihren Liegestühlen. Also versuchte er denen klarzumachen, dass ich jetzt gleich ne lecker Dieselqualmwolke loslassen würde, weil wir nochmal losfahren. Das war wohl nicht so einfach zu erklären, aber dann fanden sie es nicht schlimm. Spanier sind einfach nett. Wurde dann auch Zeit, den mir war’s dringend.

Svenni lässt Wasser.

Kinnerschees und Zeitreise.

Ey, ich hab die Pusteln im Gesicht.
 
 
Dass es am Rhein ganz schön ist, und es auch Schnaken gibt, das weiss ich ja schon. Wohne ja jetzt am schönen Rhein im nicht ganz so schönen Mainz. Die wollen Diesel wie mich verbieten. Pfui, Banausen!
 
 
Aber ich schweife ab. Seit drei Tagen stehe, und manchmal auch fahre, ich an der Loire. In Frankreich ist das, mittendrin. Und hier gibt es Mücken, das glaubt ihr nicht. Ich hab ja ein dickes Fell, aber die beiden sind dauernd völlig zerstochen. Das scheint ziemlich unangenehm zu sein. Die hüpfen sogar mitten in der Nacht mit der Fliegenklatsche in mir rum, dass mir die Blattfedern quietschen. Und als am Lac du Der so ne Hornisse in mich reingeflogen ist, war die Luft dicke. Und das Vieh dann irgendwann in ner Plastikflasche, mit ganz dünner Luft.
 
 
Aber das beste ist: Ich bin wieder Kinnerschees! Ja, das ist toll. Haben die beiden doch tatsächlich, als ich im Winterquartier im kalten Saarland stand, so einen süssen kleinen Knuddelpups bekommen. Hach, ist das schön, wieder Lachen im Bauch zu haben. W. heisst der Kleine. Wie Wonneproppen.
 
 
Soweit ich das verstanden habe, wollen die drei nun mit mir eine Zeitreise machen. Ich hör immer nur Elternzeit, und die scheint ganz schön lange zu sein. So ganz bekomm ich das noch nicht zusammen, denn wenn die wirklich ein halbes Jahr mit mir unterwegs sein wollen, wird es ja Winter. Wie soll ich denn da nen Berg raufkommen, wenn ich im Sommer schon schufte und schnaufe? Vielleicht sollte ich mich schonmal bei den Kollegen Pistenraupen schlaumachen. Irgendwie wird es schon gehen.
 
 
Svenni wartet in irgendeinem trostlosen Gewerbegebiet in Troyes, bis die drei vom Mittagessen in einer Betriebskantine zurückkommen.
 
 
Jetzt zumindest sind wir ganz offenbar gar nicht auf dem Weg zu Loire, da sind wir ja schon, sondern auf dem Weg zum Meer. Zumindest sagt das der Typ ständig zum kleinen W, „wir fahren jetzt ans Meer“, oder „ich zeigt dir das Meer“. Ja klar, ist auch auch schön dort. Kenn ich ja aus Holland und Korsika. Aber hoffentlich ist da nicht zu viel Salz, das brennt in den Schweißnähten!
 
 
Ausserdem soll es nach Portugal und Italien gehen, hab ich gehört. Ach, ich bin ja so gespannt. Und fit wie ein alter weitgereister Hase. Mach ich locker. Hab ja auch ganz viele neue Sachen bekommen. Solarstrom, Aussenherd, Dachgepäckträger, eine riesen Kühlbox, das alles kann ich jetzt auch. Da können diese modernen Vollintegrierten nicht gegen anstinken. Plastik kann jeder, so robust wie ich, macht so schnell keiner nach.  Wer nimmt schon einfach nen halben Kleiderschrank im Seesack auf den Buckel ohne zu murren?
 
 
Aussenkleiderschrank