Svenni wird zum Lastesel für Bäume und Fliesen

Hab ich nicht neulich einen Klassiker zitiert, und den Römern eine bestimmte Eigenschaft zugeschrieben? Ich lerne hinzu, mein Typ hat was römisches, scheint mir.

Euer Svenni ist ja ein LT. Wisst ihr, wofür das steht? L für Lasten und T für Transporter. Nun gibt es ja in meiner Familie, wie in jeder guten Familie, dann doch ganz unterschiedliche Typen, trotz gleicher Abstammung. Da gibt es Abschleppwagen, Feuerwehrautos, Lieferfahrzeuge für alles mögliche, Handwerker-Werkstattwagen und so fort. Und halt die Wohnmobile. Und so eines bin ich, damit habe ich es ganz gut getroffen, finde ich. Während die anderen arbeiten müssen, darf ich an die schönsten Plätze fahren, dort ausspannen, Sterne und Meer oder auch toskanische Hügel gucken und hab meist gut gelaunte Gäste an Bord.

Dass mir dann meist ein paar Kisten guten Wein und andere Leckereien zugeladen werden – geschenkt. Das mach ich doch locker und gerne mit.

Jetzt zum Beispiel stehe ich schon drei Tage auf einem wirklich mal schönen Campingplatz am Passo la Futa, immer noch in der Toskana, auf meiner schnuggelichen Parzelle, fein mit Gartenzaun von den Plastikbomber-Nachbarn abgetrennt, und lasse mir ein kühles Lüftchen um die Nase wehen. Die Abkühlung kann ich, und vor allem meine Bremsen auch gut gebrauchen, denn die Passtraße am la Futa bin ich nun schon bestimmt viermal hochgekraxelt und wieder runtergeschlichen. DieTour kann ich inzwischen blind, da brauch ich den Typen und sein Navi gar nicht mehr.

Gestern waren die zum Beispiel Kultur hier in der Nähe machen, wobei hier die Kultur komischerweise im Tal stattfindet und man muss danach wieder den Berg hoch. Da hatten wir auch schon anders, wie der regelmäßige Leser weiss. Und was machen die: Bringen von ihrem Stadtausflug einen ganzen Baum mit und laden den in mich rein. Nun gut, so ganz groß ist der noch nicht, aber ich bin nun der Svenni mit dem Olivenbaum im Bauch. Ein ganz neues Gefühl, wenn der ein bisschen größer ist, kann man damit sicher ein ganz tollen Furnier für meine Innenausstattung machen!

Typischer Svenni-Blick, wenn die Kultur machen.

Das hab ich nun gerade verkraftet, und natürlich werde ich das Bäumchen warm und sicher nach Hause bringen. Da fahren die mich heute wieder den Pass runter und parken mich in so einem Industriegebiet. Hallo, ich bin ein Wohnmobil-LT und kein Arbeits-LT! Meine schlimmsten Befürchtungen wurden leider war, die haben mich nun komplett vollgeladen. Mit Badfliesen! Dabei ist meine Nasszelle doch aus Vollkunstoff und Pflegeleicht. Die kann man nicht fliesen! Was mich etwas beruhigt ist, dass die Fliesen wohl ähnlich alt sind, wie ich. Irgendein Restbestand, der ihm Lager liegen geblieben ist. Damit kann ich mich dann schon anfreunden, das wird sicher chick.

Ein Bäumchen für Svenni. Wir haben ihm nicht verraten, dass man ihn auch mit Olivenöl fahren kann, wenn es unbedingt sein muss.

Ok, für meine Nasszelle sind die wohl auch nicht gedacht, das Bad in unserer neuen Heimat soll damit gefliest werden, hab ich mitbekommen. Ich muss die Dinger also nur über den Gotthard fahren. Hoffentlich darf ich den Tunnel nehmen.

Wenn Svenni Bauchgrummeln hat, weil er seiner arbeitenden Verwandtschaft aushelfen muss.

Auch wenn die manchmal ein bisschen spinnen, Geschmack haben die. Kaufen die Fliesen farblich passend zum Bäumchen in Oliv-Grün. Ob das Bäumchen dann auch ab und an in das Bad darf, um sich wie zu Hause zu fühlen?

Heiss und kalt, Lärm und Stille

Habt kein Mitleid mit mir, der Svenni kann die Ohren einfach einklappen. Meine Mitfahrer können das wohl leider nicht, und müssen gerade schlechte, so richtig ganz schlechte Disco-Mucke aus einem lang vergangenen Jahrzehnt ertragen. Und das mitten in der Nacht. Bei brütender Hitze. Campingplatz mit Animation nennt sich das. Wobei die Disco vermutlich nur den Lärm kanalisiert, den die Jugendgruppe hier auch ohne Musik aus der Zeit vor ihrer Geburt machen würde.

Dabei war es so schön ruhig. Bevor ich mich hier auf den Tanzschuppenparkplatz stellen musste, durfte ich oben auf einem sanften toskanischen Bergrücken relaxen. Kein Zivilisationslärm weit und breit, nur die Hühner gackerten um meine Reifen herum. Und Ziegen meckerten. Alle voll Bio natürlich. Selbst der adoptierte Straßenköter Hilti frass nur Bioabfälle der selbstgekochten Bio-Essen der Bio-Gäste. Erholung pur, nur für mich nicht ganz. Denn als wir weiterfuhren, hatte ich eine kleine Nutzlast in Pappkartons aufnehmen müssen. Gut verpackte Glasflaschen mit Wein mal wieder. Alles Bio natürlich. Wie mein Diesel übrigens auch. Als der durch Druck und Zeit von Bäumen in Öl umgewandelt wurde, gab es zwar noch kein Bio, aber alles war bio. Und damit ist es mein Treibstoff doch irgendwie auch. Auch ganz ohne Label und Zertifikat.

Svenni musste zwar nicht auf dem Misthaufen parken, wurde aber von Hühner belagert und begaggert.

Und das schöne an den toskanischen Hügel ist nicht nur die tollen Entspanntheit der Landschaft und der Leute. Es ist auch einfach kühler und trockener, als an der schwitzenden, stickigen Küsten.

Mein Kennerblick auf den Hof des toskanischen Bioweinguts, kurz bevor die Kisten in mir verschwanden.

Nun denn, es gibt Wichtigeres und deswegen stehe ich nun schwitzend, nicht nur wegen meiner dezenten Tanzbewegungen zur Discomucke (kenne ich übrigens alles schon aus meinem 33 Jahre altem Autoradio), auf dem Camping ins Ostia. Das ist der Hafen von Rom, und früher bei dem Römern hat das auch gut funktioniert, wie man weiss. Heute ist der Porto Touristik eher so ein Campingplatz auf dem Wasser. Zum Glück durfte ich mir das zwar anschauen, muss aber nicht da bleiben. Das wäre mir zu eng und zu viel Noblesse des Geldes, das stinkt wie das Wasser, in dem die Kähne liegen. Ich hatte das Vergnügen, weil es dort den einzigen Waschsalon mit Sonntagsöffnung in Ostia gibt. Ganz praktisch, wenn man sauber dort wieder rauskommt und nicht dort bleiben muss, weil man mit einer Jacht nun mal nicht, zum Beispiel in die Toskana auf den Berg fahren kann.

Kein Lufthauch also auf dem Landschiff-Platz, aber mein Blech musste ich mal wieder mit Mückenabwehrschutz versehen, damit ich hier heil wieder rauskomme. Wichtig und richtig ist zum Beispiel, dass die alle spinnen, die Römer. Also fast alle, ein paar nette haben wir hier schon getroffen. Und wie ich höre, wird mir auch der Spaß nicht gegönnt, wie eine römische Galeere aus Blech durch die Stadt zu cruisen, so dass wir nun zwar nach Rom gefahren sind, weil nunmal alle Straßen nach Rom führen, aber nicht wirklich in Rom sind, weil alle Römer zu uns nach Ostia kommen. Möge Ihnen der Himmel nicht auf dem Kopf fallen. Den netten Römern zumindest.