Tour-de-France-Pässe, Schrottplätze und Sternenhimmel

Hallo und Guten Abend, sagt euch euer Svenni!

Ja, ich bin zu Hause. Wobei mein Zuhause ja die Straßen der ganzen Welt sind. Aber die Straße vor der Haustüre der Drei ist mir dann doch ein ganz kleines Stück lieber, als alle anderen Straßen. Und das, wo der Typ meint, mich manchmal rumfahren zu müssen. Wo nicht mal die Geographen der staatlichen Vermessungsämter eine Straße sehen.

Nun, zuletzt waren wir ja in Andorra und waren heilfroh, wieder französischen Asphalt unter den Rädern zu haben. Irgendwie wussten die ja nicht wohin, aber da es heiss war, sollte es hoch hinaus gehen. Da man halt zufällig in den Pyrenäen war, sollte das ja alles kein Problem sein. Also geht unsere Reise zunächst durch Bäder in Orten mit dem knackigen Namen Ax und weiter an den Fuß der Berge nach Pamiers. Das war aber irgendwie schon wieder zu weit unten, es war zu heiss und irgendwie wussten die auch nicht, was sie dort eigentlich wollten. Ausser Wäsche waschen, und dort gab es immerhin die beste Wäscherei der ganzen Reise. Mit Service, und das nicht teuerer als diese neumodischen Waschsalons, die das Ambiente eines  08/15-McDonalds haben.

Die beste Wäscherei nördlich der Pyrenäen. Da waschen sogar Leute, die Lastwagen aus Spaß fahren.

Nebenbei gab es dort noch eine Kirche, eine Bar und einen Parkplatz mit einer so unverschämt engen Kurve an der Einfahrt, dass der Typ mich dreimal vor und zurücksetzen musste. Sehr zur Belustigung der anderen Autofahrer, die da rein wollten. Großstadt ist irgendwie nichts für uns, viel zu eng und zu stressig. Die könnten uns ja mal über den Bordstein heben, anstatt genervt zu warten.

Auch in Pamiers baut man Kirchen so eng ein, dass man sie nur von unten fotografieren kann.

Also ging’s weiter, zurück in die Berge. Das einfache Ziel: Hoch hinaus, wo es kühler ist und weniger Menschen unterwegs sind. Interessant fand ich die vielen Schriftzeichen auf der Straße. Da wurde jemand der Weg in den Abgrund gewiesen, andere bejubelt. Ich hab mir sagen lassen, dass da letzte Woche so völlig neben der Welt stehende, mit diesen halben Autos, mit nur zwei Rädern, und ohne Motor, die Pässe hochgefahren sind. Die sollen sich durch wenigstens so ein Pedeleck-Motörchen anschnallen, das geht doch dann viel einfacher! Aber, mir egal, ich fahr da in aller Seelenruhe auch hoch, wenn der Tp das will. Und auch wieder runter.

Was so Tour de France-Radfahrer können, schafft der Svenni schon lange.

Nur, beim runterfahren vom zweiten Pass, irgendwas mit Col den Menté, hätte er besser ein paar Pfefferminzbonbons gehabt. So zur Nervenberuhigung. Mir sind nämlich die Schlappen heiss geworden und ich hab das dann brav angezeigt, indem ich mein Bremspedal mal am Blech hab anschlagen lassen. Das fanden die nicht so gut, weil es halt weiter steil den Berg wieder runter ging, Irgendwas mit Feldweg, Hang hoch hat er gemurmelt. Ging doch, ich stand wie ne Eins!

Ich weiß nun nicht, ob das eine Strafe sein sollte: Aber ich musste Huckepack! Da hat der wieder diese Engel in München angerufen und die haben uns am Sonntagabend flugs einen dicken Bruder geschickt, der mich ma kurzerhand auf den Rücken genommen hat. Das war nett, aber nicht so schön war der Platz, auf dem er mich wieder runtergelassen hat. Der war nämlich wieder ganz unten vor den Bergen, bestand aus dreckigem Schotter und ausser mir waren da noch zwei Wracks abgestellt. Beim einen den Alkoven weggefräst, der andere ausgebrannt. Das war wirklich keine schöne Gesellschaft. Zum Glück haben die Drei auch dort bei mir gepennt und sind nicht ins Hotel geflüchtet. Ich hätte mir sonst Sorgen gemacht.

Svenni muss buckeln.

So aber hat ein netter, aber stoffeliger Franzose mir ab nächsten Morgen neue Bremsflüssigkeit verpasst und wir sind dann noch auf den Markt in Montrejeau gegangen und haben lecker Käse eingekauft. Was wäre auch Frankreich, wenn der Svenni danach nicht nach Stinkekäse durften würde!

Romantischter Übernachtungsplatz der gesamten Reise.

Also weiter, wieder Richtung Berge, nächster Anlauf. So ein bisschen lernfähig ist mein Fahrer ja. Sie sind nun ein Tal weiter westlich in die Pyrenäen gefahren, immer noch auf der Suche nach Abkühlung und Ruhe. Dumm nur, wenn da so ein mondäner Ski-Touristen-Ort ist, der auch im Sommer irgendwie überlaufen ist. Also nichts wie weiter, zum Glück war am Ende des Tals ein Tunnel angekündigt, der uns wieder nach Spanien bringen sollte.

Ihr erinnert euch, das mit dem Tunnel am Talende hatten wir schon in Andorra. Machen wir’s kurz: Es war noch schlimmer. Der Tunneleingang noch höher, da hätte man auch einfach ne Schneise schlagen können und wäre drüben gewesen. Und weil es so Spaß macht, hatte dieser Tunnel auch noch eine Schräge von 5%. abwärts., Der musste also mit Dauerbremsen drei Kilometer geradeaus durchfahren werden. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass der Typ nur bedingtes Vertrauen in französische Werkstätten hat. Nun gut, ich kann mich nicht beklagen. Irgendwie sind wir auch noch die 10%-Steigung runtergekommen und dann haben wir ihn gefunden: Den Platz in den Pyrenäen, hoch genug für angenehme Kühle, absolute Ruhe und ein Sternenhimmel wie im Film.

Nach drei Tagen Bergluft hat leider diese Intertelefonierdingens geklingelt. Ab nach Hause, obwohl der unausgesprochene Plan eigentlich war, wieder nach Portugal zu fahren. Aber Krankenhausbesuche gehen vor, uns so sind wir in Windeseile nach Mainz gedüst.

Wegen des Schrägtunnels, den Serpentinen und dem mangelnden Vertrauen in die französischen Bremsenreparierkünste wollte der Typ nicht übern Berg und durch den Tunnel zurück, uns so sind wir in Windeseile rechts an Bergen vorbei gefahren, haben in Manresa noch einen höllischen Campingplatz kennen lernen dürfen, dann bei Beziers am Yachthafen eine ruhige Nacht verbracht und bei Lyon noch einen annehmbaren französischen Camping für eine Nacht gefunden. Den Rest hab ich dann locker, mit einer kurzen Pause bei der Oma in Baden, an einem Stück runtergerissen. Da sind ja auch keine Berge mehr, nur noch Kilometer, Kilometer und Kilometer ab nach Hause.

Wer so ne Yacht braucht, hat keinen Svenni verdient.

Ja, nun steh ich hier und warte. Bis die Drei ihren ganzen Kram aus mir ausgeladen haben (der Käse ist zum Glück schon weg), ich geputzt und neu versorgt bin. Und einen Arzttermin beim VW hab ich auch. Die sollen hier mal checken, ob mit mir alles ok ist. Die Bremsen wären ein Problem. Glaub ich ja nicht, das wird sicher nicht so schlimm. Wie Nachgucken beim Zahnarzt. Und wenn ich dabei neue Beläge bekomme und vielleicht auch endlich mal frisches Öl für den Motor, dann bin ich startklar.

Was von Italien im Herbst hab ich gehört.  Berge gibt’s da wohl nicht so viele bis auf den Gotthard auf dem Weg dahin. Aber den kenn ich schon. Brücken sollen dort ein Abenteuer sein. Ich bin gespannt wie so ein Spannbetonbrückenseil!

Steingabeln und Beichtstühle für schlechte Autofahrer

Bon soir, sagt euch euer Svenni.

Ihr merkt, ich habe mal wieder die Sprache und das Land gewechselt. Aber der Reihe nach. In Solsona habe ich mich über die frische Bergluft gefreut, da wusste ich ja noch nicht, dass ich ein paar Tage später mal kurz auf über 2.000  hochdüsen darf. Und das war eigentlich so gar nicht geplant, weil die Drei mal wieder spontan entschieden haben, aus diesem Straßendorf – ich komm noch drauf – nicht in Richtung Spanien, sondern nach Frankreich raus zu fahren.

Nach Solsona war aber erstmal Entspannung pur angesagt. Ich bin ja vielleicht eine Blechbüchse, aber wisst ihr, was eine Steingabel ist? Drei Tage sind wir direkt unterhalb dieses überdimensionierten Essbestecks gestanden und haben die kühle Luft und die Sonne genossen. Nur mal ein kleiner Ausflug ins nächste Dorf. Und, gleich doppelte Überraschung: Picasso war vor uns da! Ob er es dort auch so touristisch langweilig fand? Wer weis, vielleicht hätten die mal im Museum nachschauen sollen. So wurde nur die Kirche angeschaut, ein Glas Honig von der Steingabel gekauft und schnell wieder weg. Was dort auch schnell war, was ausnahmsweise das Interhanddingens. Ins heimische Arbeitsnetz hat es sich automatisch eingeloggt. Warum? Weil das Museum im gleichen Verbund ist, und der Typ dort zwar nicht rein ist, aber auf dem Spielplatz davor hat das auch funktioniert. So wird man manchmal von Dingen eingeholt, die man im katalanischen Bergland eigentlich gar nicht haben will.

Svenni parkt in Gosol. Hier hat Picasso auch schon gestanden.

Was auch in meinem Sinne war, war der Waldweg steil bergauf, an dessen Ende ein Castell war, das man nicht besichtigen konnte, weil es zum  ungenutzten Hotel umgebaut wurde. Da hat der Typ doch gedacht, die dicke schwarze Linie auf der Wandertafel wäre eine Straße. Naja, so was ähnliches halt. Zum Glück kommen nicht so viele Leute auf die Idee, so dass es keinen Gegenverkehr gab. Und vor dem Castell zum Glück auf noch eine Wendemöglichkeit, Puh, das hätte anstrengend werden können. So eine Schotterpiste durch den Wald rückwärts, das juckt in den Rückspiegeln.

Nicht ganz so aufregend war dann die kleine Wanderung, die die Drei ohne mich gemacht haben. Mal kurz den Berg gegenüber vom Pedraforca hoch., oben ne kühle Limo und dann den Kleinen noch 200 Meter zu einem Dolmen getragen. Ich war nicht dabei, aber der sieht auf den Bilder so robust und schwer wie ich aus. Also sicher ein lohnendes Ausflugsziel.

Dolmen am Pedraforca. Etwas älter als Svenni.

Nachdem die Steingabel Pedrfarca dann irgendwann immer gleich aussah, durfte ich über zwei kleinere Pässe weiter in die Berge fahren. Pause gab es in La Seu d’Urgell. Das könnt ihr auch nicht aussprechen, gell? Aber dort gibt es eine Kirche, die ist vom Stil her so einmalig, wie ich unter den Kastenwagen. Klare Kanten, ziemlich eckig und innen recht dunkel. Romanik nennen die das. Ob es in dieser Kirche mal so romantisch war, wie in mir?

Kathedrale in La Seu d’Urgell. Mehr eingetragene Sitze als bei Svenni./figcaption>

Da hin gefahren sind wir aber eigentlich nicht wegen der Kirche, sondern weil dort die Straße ins Fürstentum Andorra entlangläuft. Also die von Spanien aus. Einen Fürsten haben wir nicht gesehen, aber dafür das Tal mit der längsten verstopften Hauptverkehrsstraße, die eng mit hässlichsten Betonklötzen eingerahmt ist. Dazwischen wechseln sich Tankstellen und Einkaufsmärkte ab. Also nichts mit Talromantik, Dreck und Hektik pur. Die Krönung aber sind die andorrianischen Autofahrer. Ich mag ja Anarchie, aber könnt ihr mal den guten Svenni überholen, ohne mich zu schneiden? Ich Armer, muss dann an der Steigung immer tief Luft holen und gaaaaaanz langsam wieder auf Touren kommen. Das ist kein Spaß, vor allem nicht für die anderen hinter mir, die es noch nicht geschafft haben, mich zu überholen und dann zu schneiden.

Man scheint in La Seu d’Urgell einiges zu beichten zu haben. Kein Wunder, der Bischof ist auch für Andorra zuständig,

Wenn ich es richtig aus dem Rückspiegel gesehen habe, hat der Typ doch gleich nachgeschaut, ob die Gründung einer Fahrschule in Andorra vielleicht ’ne Marktlücke wäre. Scheint aber nichts zu werden, denn wir sind ja wieder rausgefahren, am anderen Ende der Höllenhauptstraße nach Frankreich.

Und eigentlich wollten die beiden ja in Andorra machen, was dort alle tun: Shoppen nennen die das. Dumm nur, wenn es keine Parkplätze im Svenni-Format gibt. Der Erfinder der 2,20-Höhenschranke vor wunderbaren leeren Parkplätzen war bestimmt ein Andorraner, der den freien Platz für seine Fahrübungen braucht. Auf seiner komischen Hauptstraße ist ja offensichtlich kein Platz dafür.

Also raus aus diesem fürchterlichen Tal, sollen die ihre Rolex und Gucci-Handtaschen mal schön selbst behalten. Spontan wollten die Drei aber nun nach Frankreich. Sind ja nur 20 Kilometer, also nichts für einen  alten Hasen wie mich. Denkste. 20 Kilometer steil den Berg hoch, obwohl ein Tunnel versprochen wurde. Und wo bauen diese Autoberserker ihren Tunnel: Auf über 2.000m Höhe. Die sollten mal in der Schweiz schauen, wie das geht.

Nun ja, wir haben es geschafft und stehen nun auf der französischen Seite des Hochtunnelberges. Ganz weg von Andorra sind wir aber noch nicht. Heisst der Ort hier doch L’Hospilalet-pres-l’Andorre. Ja, hier konnte früher verdorren, als es den Tunnel noch nicht gab und man gleich ein Hospital und Hospiz bauen musste, um die armen Menschen zu versorgen, die wegen des Wetters nicht nach Andorra rüberkamen. Heute würde ich denen einfach sagen: Ihr habt nichts verpasst.

Flucht vor Spaniern und kühle Bergluft

Ola, ja es gibt mich noch, euren Svenni.

Wir sind auf Reisen, nicht auf der Flucht. Dachte ich zumindest. Als Fluchtauto bin ich ja auch ziemlich ungeeignet, da holt mich ja jede halbwegs fitte Fahrradstreife ein.

Trotzdem war unser Abschied aus Portugal so ähnlich wie ’ne filmreife Szene mit U-Turn und quietschenden Reifen. Eigentlich war der Plan, den Algarve von Ost nach West bis nach Sagres zu fahren. Der Ort hat zwar ausser dem Namen nichts mit dem gleichnamigen Bier zu tun, aber die beiden wollten dort ein Bierchen trinken und Richtung Amerika schauen. Ich hätte mal den Bullifreunden dort in Kalifornien mit dem Blinker winken können.

Na ja, das nächste Mal, bestimmt. Dann kommen wir wieder nach Portugal, wenn nicht gerade Hauptferiensaison ist. Das mit den Ferien ist ein lustiges Spiel. Auf den Campingplätzen in Portugal war es knallvoll mit Spaniern, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als Fisch zu grillen. Weil man das in Portugal wohl so macht. Als wir dann vor diesen Spaniern nach Spanien geflüchtet sind, waren dort lauter Franzosen, die Fleisch gegrillt haben. Weil man das in Spanien wohl so macht. Mal sehen, wie es jetzt demnächst in Frankreich wird. Sind dort die Portugiesen und grillen Rohmilchkäse? Ich werde berichten.

Wie auch immer, der Typ hat mich wieder auf’s spanische Hochland raufgetreten und wir durften dort so wundervolle Städtchen wie Carmona, Guarroman, Tarrega und Terrassa kennenlernen.

Der Knaller war dabei aber auf jeden Fall Guarroman. In der größten Mittagshitze sind die Drei da von der Autobahn ab, um den Kleinen mit Brei und Windel zu versorgen. Das Städtchen dabei wie im Mittagsschlaf, eine Hauptstraße, eine offene Bar, in der die Dorfirre Cola mit was drin getrunken hat, und sonst nichts ausser Hitze und Staub. Allerdings hat der Typ mit diesem Internethanddingens herausgefunden, dass es an dieser Hauptstraße auch ein ordentliches Hotel mit Whirlpool gibt. Nachdem die Drei dreimal die Straße hoch und runter sind, haben die das auch gefunden (sind natürlich jedesmal dran vorbeigelaufen) und haben dort eingecheckt. Wunderbar muss das gewesen sein. Den Whirlpool gab es zwar in dem Zimmer nicht, dafür aber klasse Betten und eine richtige Dusche. Und kühl war es dort, weil so ein alter Palazzo halt von Leuten gebaut wurde, die noch was davon verstanden. Nicht so nen 08/15-Betonding, sondern passende Architektur für die Hitze dort.

Ich musste allerdings draussen warten und schwitzen.

Abends wurde es dann plötzlich laut. Die Leute von der Bar haben riesige Musikboxen auf die Straße gestellt, Tische und Stühle vor die Bankfiliale nebendran, und dann war nix mehr mit Siesta, es war Fiesta. Und plötzlich sind die 2000 Einwohner von Guarroman aus ihren Häusern gekommen, haben gegessen und getrunken und gefeiert. Richtig lebhaft war das. Und für die Kinder gab es Kutschfahrten, die Hauptstraße hoch und runter. Das war schön, denn diese Dinger mit ihren zwei PS vornedran sind mal nicht schneller als ich!

Tja, aber dann ging es weiter im Eiltempo einmal quer durch Spanien. An Madrid sind wir vorbeigerauscht, Barcelona war das Ziel, und wir haben es auch geschafft. Zwischendurch mal noch ein Autobahnhotel im spanischen Nichts und einmal Freistehen auf so einem Platz, wo ein Wohnmobil neben dem anderen rumsteht und sich die Leute bestmöglich aus dem Wege gehen.

Überhaupt, spanische Autobahnraststätten und Hotels, das wäre mal ein Thema für sich. Vor allem die Hotels, die es gefühlt alle 500 Meter gibt, kann man in allen Lebenszuständen erleben. Von der nie fertiggestellten Bauruine über verlassene Geisterhäuser bis zu Steinhaufen im letzten Verfallsstadium . Da muss man echt suchen, bis man eines findet, in dem man ein Zimmer mieten kann. Zum Glück haben die eines gefunden, wo es auch eine nette Bar und was zu Essen mitten in der Nacht gab.

Svenni vor einem Autobahnhotel der Sorte verlassenes Geisterhaus.

Ansonsten bin ich jetzt auch Freisteher. Ja, darauf bin ich ein bisschen stolz! Schon in Tavira im Algarve haben die das ausprobiert, und es hat nun funktioniert, weil der Typ in mir ein bisschen umgeräumt hat. Passt nun alles rein, auch wenn alle Betten ausgeklappt sind. Das ist ziemlich praktisch, und ab und an einfach gut, irgendwo zu stehen und zu schlafen.

Freistehen in Carmona. Parkplatz direkt unterhalb der Altstadt.
Was ein Car ist, weiss der Svenni. Aber eine Carnisseria?

Ja und nun stehe ich in Solsona. Das ist so kurz vor den Bergen zwischen Spanien und Frankreich. Ich freu mich, mal richtig durch diese Pyrenäen fahren zu dürfen. Das werden bestimmt ganz tolle Straßen mit vielen Kurven. Und es ist hier nicht so heiss. Ich denke, dass passt für uns alle.

Revolution und Verkehrskreisel

Boa tarde, O povo é quem mais ordena.

Svenni, endlich in Portugal, wartet auf die Mautregistrierung,

Mir sei es erlaubt, Arbeiterlieder mit Revolutionsvergangenheit zu summen, Denn meine Arbeit habe ich die letzen drei Tage vollbracht. Sagen wir so, wir haben Kilometer abgerissen.

Vor drei Tagen sind wir in Bilbao gestartet. Kulturstadt, Guggenheimmuseum, Strand. Ach Quatsch, nicht in diesem Urlaub. Waschsalon, Supermarkt und das Dorf am Campingplatz waren für die drei vollkommen ausreichend. Und dann ganz unvermittelt das Signal: Planänderung, nicht weiter an der nordspanischen Küste durch Kurven und über Berge, nix mit Kultur: Wir fahren jetzt nach Portugal. Und das auf dem schnellsten Weg. Also habe ich mich hochgequält auf das spanische Hochland, durfte in Burgos kurz verschnaufen und dann ging es Kilometer für Kilometer quer durchs Land.  Was dem Ungarn die Puzta ist den Spaniern die Mancha. Nichts als gelb blühende Sträucher und Land, Land, weites Land. Und nur weil die drei mal austreten mussten, durfte ich an der Dorfkirche von Castrillo de la Guarena mal so richtige spanische Landluft schnuppern. Im absoluten Nichts riecht es übrigens wie in Oberbayern: Nach Gülle.

Castrillo, Zentrum.
Spanische Dorfidylle.

Auch schön war Ciudad Rodrigo, ganz kurz vor der portugiesischen Grenze. Eine wunderschöne Festungsstadt. Aber auch hier durfte ich mir nur eine Nacht die Festungsmauern von aussen ansehen. Weiter musste es gehen, wir waren ja kurz vor Portugal.

Dort bin ich übrigens nun registriert: Der Typ meinte ja, dass er mit meinem kleinen Fiat-Brüdern es nie geschafft hatte, diese komische Fotomaut zu bezahlen, für die man auf der Autobahn ständig fotografiert wird. Das ist schön anstrengend, wenn man immer sein schönstes Lächeln aufsetzen muss, weil ständig diese Fotobrücken unterfahren werden.. Für mich hat er aber tatsächlich angehalten und nun darf ich ganz legal hier über die Autobahn pesen. Und das macht Spaß! Nicht nur, weil es nun endlich aus dem Hochland steil bergab Richtung Küste geht, sondern auch, weil die Stimmung bei den dreien mit jedem Meter in Portugal besser wurde. Und so waren wir ratzfatz in Aveiro. Dank des elefantösen Gedächtnisses, nicht meines, sondern des meines Fahrers, haben wir sofort einen Parkplatz direkt an der Innenstadt gefunden, und die drei sind erstmal losgezogen. Nicht wegen der Kultur, wegen des Einkaufens. Egal, ich hab ja genug Platz. Und weil der Kleine dann irgandwann nicht mehr wollte, durfte ich ihn sogar in der Innenstadt abholen und dabei einen ganzen Verkahrskreisel blockieren. Aber die Portugiesen sind nett. Die warten, bis er in seinem Sitz festgeschnallt ist, die Mama und der Kinderwagen auch wieder an Bord sind, uns lassen einen dann auch noch rückwärts in den Kreisel wieder ausparken. Tolle Autofahrer, nette Leute. Ich denke, der Stau hat sich mittlerweile auch wieder aufgelöst, also war’s sicher nicht so schlimm.

Svenni weiss glücklicherweise nicht, dass es vor einer stillgelegten Maschinenfabrik steht. Seine Machine läuft einwandfrei.
Parken in Aveiro. 24 Stunden, 1 Euro. Vorbildhaft.

Und nun bin ich müde, nach der vielen Fahrerei und stehe auf einer Halbinsel vor Aveiro und lausche dem Wellenschlag des Atlantiks. Und dem Schnarchen von den Dreien.

Boa noite, bis bald,
euer Svenni.

Ein erstes kleines Zwischenfazit vom Papa

Guude, hier ist mal der Papa. Svenni stellt mir freundlicherweise Platz in seinem Blog zur Verfügung.

Wir haben nun ziemlich genau 14 Tage hinter uns, die ersten zwei Wochen von angestrebten 16 oder mehr. Bei einem normalen Urlaub wäre das Bergfest oder so. Vom Gefühl her, sind wir noch gar nicht richtig losgefahren oder gar im Abenteuer Elternzeitreise angekommen. Zumindest bis wir aus Frankreich raus waren, erschien mir das so.

Dass die ersten Tage anstrengend waren, lag zum einen daran, dass wir zu viele Kilometer gemacht haben. Wir sind fast jeden Tag weitergefahren, d.h. Svenni einpacken, fahren, Pause, fahren, Pause, Campingplatz suchen (wir benutzen bisher immer die ADAC-Camping-App, und die Beschreibungen waren immer korrekt), Svenni auspacken. Essen machen, Fläschen spülen und auskochen, und und und. Und das, wo die Abläufe noch nicht eingespielt sind, die Sachen im Bus noch nicht ihren Platz gefunden haben (C. nennt das „Chaos“, für mich ist es kreative Ordnung – wer meinen Schreibtisch kennt, weiss, was ich meine) und der total nervende Regen in Frankreich war auch nicht gerade hilfreich war. Den Rest haben uns die Mücken an der Loire gegeben. Wir, die die letzten Jahre immer „Kultururlaube“ mit endlosen Besichtigungen gemacht haben, sind durch das Loiretal gefahren, ohne ein einzige Schloss zu besichtigen. Nur ein zweistündiger Spaziergang in einer der alten Städte, deren Namen ich auch schon wieder vergessen habe, war drin.

Aber dennoch sind wir langsam unterwegs. Wenn wir bisher nach Portugal gefahren sind, dann immer in einer Etappe bis Bordeaux und am zweiten Tag bis Portugal. Egal ob mit dem großen 500er oder der Barchetta. Nun haben wir ungefähr 10 Tage bis Bordeaux gebraucht. Diese Langsamkeit, die wir uns zeitlich gesehen ja absolut leisten können, weil wir keinerlei Druck haben, irgendeines der Zwischenziele in Portugal, auf Sardinien und in Rom zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erreichen, und da das Ende der Reise zunächst auch mal nur dadurch bestimmt ist, dass es warm genug für das Leben im Bus ist, ist ungewohnt. Dies zu Akzeptieren, ist Teil des Ankommens in der Reise.

Uneingeschränkt positiv ist, wie W. das Reisen und Leben unterwegs bislang angenommen hat. Er passt sich unserem Rhythmus an, schläft meist während wir fahren (und wir fahren, wenn er schläft) und bestimmt natürlich Pausen und das Besichtigungsprogramm. Ansonsten ist er fast immer fröhlich, sehr an der Umgebung, den neuen Eindrücken und auch besonders den anderen Kindern auf den Campingplätzen interessiert. Eigentlich lacht er jedes und jeden an, den er in den Blick bekommt. Auch das Einschlafen abends – natürlich später als zu Hause, es wir ja auch spät dunkel -, das Schlafen im Bus und das Essen funktionieren gut und meist ohne Geschrei und Genöle. Hier tritt glücklicherweise das ein, was ich erwartet und erhofft hatte: Er geniest es, mit uns zusammen und unterwegs zu sein, und so lohnt sich das Ganze auch trotz der temporären Stressphasen (Kind hat Hunger, Papa verfährt sich und findet keinen Parkplatz und Mama findet nichts im Chaos).

Überhaupt sind wir auch beim Essen viel relaxter geworden. Wir selbst kommen eh kaum dazu, meist wird abends nur schnell was auf dem Gaskocher gekocht, oder es gibt Brot mit was drauf. Essen gehen schaffen wir nur ab und an am Camping-Platz, wobei das Programm dort selten über Burger und Pizza hinausgeht. Absolute Ausnahme war das Campingplatz-Restaurant in Zaraust (Spanien), mit einem leckeren Menü zu einem fairen Preis.

Aber auch Ws. Essen hat sich der Situation und des Alters gemäß (er ist nun wirklich 6 Monate alt) verändert. Mittags gibt es nun (fast) immer Brei, wir halten dann an einer Raststätte mit Mikrowelle oder machen ihn mit dem Gaskocher im Bus im Wasserbad warm. Nach 2-3 Zwischendurchfläschen gab es heute zum ersten Mal einen Abendbreit aus Getreideflocken und Banane. War wohl lecker, das Kind zufrieden. In Deutschland haben wir zwar nicht ausschließlich Bio, aber „sortenreine“ Gläschen ohne Zusätze gegeben. Hier in Spanien gibt es fast nur komplette Gerichte püriert und ins Glas gepackt, mit vollem Programm, Beilagen, Zwiebeln, Fisch, Fleisch. Egal, das Kind isst es, scheint zu schmecken. Und als das deutsche Milchpulver alle war, standen wir in Frankreich vom Supermarktregal und haben versucht zu verstehen, wie sich die Produkte unterscheiden. Bis zu dem Punkt; Egal, irgendeine 2er-Milch und rein damit. Scheint zu schmecken, also alles ok. Als nächsten Projekt steht nun das Selberkochen des Mittagsbrei an, sobald wir gutes Bio-Gemüse finden, probieren wir das mit den verfügbaren Mitteln aus.

Mittlerweile haben wir das Tempo deutlich reduziert. Schon am Cap de L’Homy, dem ersten Stopp nach Bordeaux an der französischen Atlantikküste, haben wir drei Tage verbracht, waren das erste mal am Strand und haben die ersten lockeren Kontakte zu anderen Camping-Familien geknüpft. Auch beim nächsten Stopp in Zaraust, dem ersten in Spanien sind wir zwei Tage geblieben und haben und das Städtchen abgeschaut. Doof nur, dass der Campingplatz oben auf dem Berg liegt und Sonntags kein Bus hochfährt.

Nun stehen wir bei Bilbao und lassen es weiter langsam angehen. Für den ersten, für morgen angekündigten richtigen Sonnentage haben wir uns Strand und einmal den Svenni komplett ausräumen, saubermachen und in irgendeiner Ordnung wieder einräumen vorgenommen. Und übermorgen dann das Guggenheim-Museum und Bilbao, solange W. Spaß und Freude daran hat.

Soweit,
Christian

 

 

Es wird bergig, und Svenni muss pinkeln.

Hola, ihr wisst schon, euer Svenni,

Ich glaub, jetzt wird’s ernst. Hab mitbekommen, wie die beiden mit ihrem komischen Taschennavigationstelefondings, das ihnen den Weg zeigt, nach Campingplätzen geschaut haben. „Steile, kurvige Anfahrt“, „12% Steigung“, „Steile Anfahrt, Schlepphilfe möglich“. Hui, das klingt super für mich. Bergkraxlern im ersten Gang. Blöderweise hat der Typ diese Plätze verworfen, hat er sich nicht getraut. Jetzt stehen wir aber auch ganz schön in Zaraust im spanischen Baskenland und ich darf mal wieder auf’s Meer schauen, den Golf von Biskaya, und das ganz ohne Sturm. Da kann mir der alte Seebär Skaeg gar nix erzählen. Laue Brise hier, sonst nix.

Svenni guckt auf den Golf von Biskaya.
Abend in Zarautz.

Überhaupt scheinen die in Spanien ja viel entspannter zu sein. Nur gutgebaute junge Leute, viele wohlerzogene Hunde und der Kleine lacht mit anderen Babys von Stellplatz zu Stellplatz. Überhaupt die vielen Kinder, die so viele interessante Sachen machen. Bälle treten, auf Brettern sitzen und es geht wild vor und zurück und dann rennen die hier mit nem Tempo rum, da käme ich nicht mehr mit. Aber dem Kleinen gefällt’s, der weiß ja gar nicht, wo er zuerst gucken soll. Also, solange kein Ball in meine Windschutzscheibe knallt und mir kein Hund ans Hinterrad pinkelt, ist das hier alles easy peasy, supergut.

Was ja ein ganz krasser Kontrast zu gestern ist. Die beiden haben mal wieder zu spät angefangen nach einem Platz für die Nacht zu suchen. Und das am Freitag, wenn alle Wochenendtouris unterwegs sind. Und das vor allem in Biaritz, wo Unmengen von diesen fürchterlich laut knatternden halben Autos, als hätte man sie längs durchgeschnitten, unterwegs sind. Das muss doch weh tun. In meinen Ohren allemal. Also sind wir von Campingplatz zu Campingplatz, und alle waren voll oder die Anmeldung schon zu. Da blieb dann nur noch so ein Schicki-Micki-Nobelplatz. Der hatte zwar auch Meerblick für mich, aber der Typ meinte, anderswo kann man für den Preis ein Hotelzimmer mieten. Nun ja Lehrgeld sage ich da nur. Ich konnte dort zumindest die Bekanntschaft mit einem wunderhübschen Westfalia-T2 aus Homburg machen. Blinke, Blinke, Kollege! Biaritz, nobel, haute-volée, ach nee.

Dass wir so spät waren, lag daran, dass die beiden wieder Kultur machen mussten. Nicht in Biarizz, aber in Bayonne. Liegt direkt nebenan, und ist viel schönen. Ein Parkplatz für mich direkt in der City und die haben – was sonst – den Kleinen den Berg hochgeschoben und alte Gemäuer und bunte Fenster angeschaut. Kathedrale nennen die das.

Ein muss ich euch zu guter letzt für heute noch erzählen: Ich musste mal wieder pinkeln. Dem Typ ist das natürlich erst eingefallen, als wir schon am Schlafplatz standen. Also mussten wir nochmals raus, direkt neben meinem Auspuff saßen aber zwei Spanier im gesetzten Alter in ihren Liegestühlen. Also versuchte er denen klarzumachen, dass ich jetzt gleich ne lecker Dieselqualmwolke loslassen würde, weil wir nochmal losfahren. Das war wohl nicht so einfach zu erklären, aber dann fanden sie es nicht schlimm. Spanier sind einfach nett. Wurde dann auch Zeit, den mir war’s dringend.

Svenni lässt Wasser.